Was die Türkei in Syrien will

In Syrien, die kurdische Stadt Kobane, von der Türkei bombardiert
Kobane hat bereits in 2014 unter türkischen Luftangriffen gelitten.

Die Türkei hat im Februar einen Luftangriff gegen Kurden im Irak und Nordsyrien durchgeführt und hat im Juni angekündigt, dass sie gegen kürdischen Kräften in Kobane eingreifen wird.

Laut dem Verteidigungsministerium ging es darum, das türkische Volk vor Extremisten und Terroristen zu schützen. Es ist fraglich ob dies der einzige Grund ist und ob mehr dahinter steckt.

Sind syrische Kurden eine Gefahr für die Türkei?

Teilweise, aber die Türkei instrumentalisiert wohl die Auseinandersetzung mit den Kurden im Ausland um andere Ziele zu verfolgen. Die kurdische Arbeiterpartei PKK ist in der Türkei verboten und wird auch in den USA und der EU als Terror-Gruppe anerkannt. Allerdings gibt es Auseinandersetzungen zwischen dem türkischem Staat und der PKK seit 1984 – und es wäre nicht richtig, diese Konfrontation auf Terrorismus zu reduzieren. In Syrien und Irak genauso gibt es Kurden, die versuchen Unabhängigkeit beziehungsweise Autonomie zu erlangen. In Syrien werden die Kurden von der Miliz YPG vertreten und deren Territorium geschützt. Im Irak hat die Autonome Region Kurdistan ihre eigene Branche der irakischen Armee: die Peshmerga. Die offizielle Positionen der YPG sowie der Peshmerga ist ganz klar: Sie sind nur für die Kurden im eigenen Land zuständig und das was in der Türkei passiert geht ihnen nichts an. Die YPG versteht sich als von der PKK völlig abgetrennt und unabhängig. Sie sollen nur die Rechte und Interessen der Kurden in Syrien schützen und nicht der der türkischen Kurden.

Soldaten von der YPG und der Peshmerga.
Soldaten von der YPG und der Peshmerga.

Dementsprechend scheint das Argument, die Kurden im Ausland seien eine Gefahr für die Türkei, völlig konstruiert. Ja, die PKK nützt terroristische Methoden. Klar, es gibt sicher Kontakte zwischen den Kurden in der Türkei und im Ausland. Aber es bleiben zwei verschiedene Gruppen mit Kulturunterschieden und die dementsprechend verschiedene Interessen und Zukunftsvorstellungen haben.

Wenn es in Zukunft der YPG und der PYD, die Partei die dieser Miliz nahe steht, gelingt einen Staat zu gründen, der über ein hohes Maß an Autonomie verfügt, wäre dieser eine Gefahr für die Türkei? Es ist vorstellbar, dass ein solcher Staat die PKK bis zu einem gewissen Grad unterstützt. Es ist aber viel eher zu erwarten, dass ein kurdischer Staat in Syrien gute Beziehungen zum mächtigen türkischen Nachbar pflegt, sowie die autonome kurdische Region in Irak es auch tut. Es gibt keinen Grund warum eine kurdische Region in Syrien sich von der kurdischen Region im Irak unterscheiden würde und keine gute Beziehungen zur Türkei haben würde.


Hat die Türkei andere Ziele in Syrien?

Syrische Kinder, Flüchtlinge in der Türkei
Syrische Kinder in der Türkei: Die große Flüchtlingsgemeinschaft, die die Türkei aufgenommen hat, ist politisch problematisch.

Ja, durchaus. Man kann auch sagen, dass die Kurden nur einen Vorwand dafür sind, das die Türkei in der Region militärisch handelt. Mit der Operation “Friedensquelle“, hat die Türkei eine sogenannte „sichere Zone“ auf syrischer Seite geschaffen. Das heißt einen 30km breiter Streifen, der türkischen Grenze entlang, der von der Türkei kontrolliert wird. Diese Zone würde dazu dienen, Millionen syrischer Flüchtlinge zurückzuschicken und dort umzusiedeln. Die Türkei verletzt massiv die Rechte der Flüchtlinge und es gibt sogar eine Vielzahl von Berichten über Folter.

Das eigentliche Problem ist innenpolitisch: Erdogan braucht einen Sündenbock und hat die Kurden als solcher ausgewählt. Seine Wirtschaftspolitik hat der Türkei stark geschädigt und seine Partei hat an Popularität verloren. Eine einfache Lösung besteht darin, den Migranten die Schuld zu geben und sie für hoher Arbeitslosigkeit verantwortlich zu machen. Die Operation in Syrien bittet somit die Gelegenheit, zu zeigen dass Erdogan für sein Volk kämpft, gegen die Terroristen und gegen die Migranten.

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